Schönheitsreparaturklausel 5.0 – Vermieter in der Renovierungspflicht
Bereits seit dem Jahr 2005 beschäftigt sich der Bundesgerichtshof (BGH) fortlaufend mit der Frage, ob und in welchem Umfang die Schönheitsreparaturpflicht auf den Mieter von Wohnräumen (und hierzu entsprechend auch auf Mieter von Gewerberäumen!) abgewälzt werden kann.
Zum Leid der Vermieter hat der BGH hierbei so ziemlich fast allen möglichen Vertragsklauseln eine Absage erteilt. Als unwirksam erachtet wurde die Vereinbarung starrer Vornamefristen, die Endrenovierungsklausel und die sogenannte Quotenabgeltungsklausel bei Beendigung des Mietverhältnisses. Im Jahr 2015 statuierte der BGH schließlich, dass die Überbürdung der Schönheitsreparaturpflicht auf den Mieter bei der Übergabe von unrenoviertem Wohnräumen regelmäßig unwirksam sei, sei denn, dem Mieter wurde zu Beginn des Mietverhältnisses ein angemessener Ausgleich zugesprochen. Zu Recht wurden diese Entscheidungen des BGH als Tod der Schönheitsreparaturklausel tituliert. In der Rechtspraxis dürfte die wirksame Vereinbarung einer Schönheitsreparaturpflicht zulasten des Mieters nur noch in einem engen Rahmen möglich sein, letztendlich wohl nur noch bei der Vermietung vollständig renovierter Räume.
Erschwerend bei dieser Rechtsprechung des BGH ist ferner, dass sich diese auch auf rückwirkende Zeiträume erstreckt. Von der Rechtsprechung des BGH werden daher auch solche Mietverträge erfasst, deren Abschluss bereits vor dem Bekanntwerden der jeweiligen Entscheidung des BGH liegt. Selbst Mietverhältnisse mit einer bisherigen Laufzeit von Jahrzehnten können sich dieser Rechtsprechung nicht entziehen.
Die wirtschaftlichen Folgen für die Vermieterseite sind schwerwiegend. So kann ein großer Teil der Vermieter in Deutschland, hierunter auch gewerblich tätige Vermieter, sicher erwartete Schönheitsreparaturen bei den Mietern nicht mehr einfordern. Viele Vermieter müssen bei beendeten Mietverhältnissen notwendige Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchführen.
In den juristischen Fachkreisen wurde zudem ab den ersten Entscheidungen des BGH ein weiteres Rechtsproblem diskutiert. Hintergrund hierzu ist, dass nach gesetzlicher Ausgangslage der Vermieter, und eben nicht der Mieter, in der Verpflichtung steht, einen ordnungsgemäßen Gebrauchszustand der Mietsache auf eigene Kosten aufrechtzuerhalten. Fehlt es daher an einer wirksamen Vereinbarung zur Verlagerung der Schönheitsreparaturpflicht auf den Mieter, so ergibt sich aus dem Gesetz doch die logische Konsequenz, dass der Vermieter auch während eines laufenden Mietverhältnisses notwendige Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen hat. Auch stünde dem Mieter dann ein klagbarer Anspruch auf Durchführung dieser Schönheitsreparaturen gegen den Vermieter zu.
Hälftige Kostenbeteiligung
Ob ein solcher Anspruch des Mieters nun tatsächlich besteht, war Gegenstand zweier Entscheidungen des BGH vom 08.07.2020 (VIII ZR 270/18, VIII ZR 163/18). In beiden Verfahren hatten Mieter Klage gegen ihren Vermieter auf die Durchführung notwendiger Schönheitsreparaturen erhoben. Im ersten Fall hatte der Mieter die Wohnung im Jahr 2002 unrenoviert erhalten. Im zweiten Fall lag der Mietbeginn sogar im Jahr 1992. An der Notwendigkeit zur Durchführung von Schönheitsreparaturen bestand daher aufgrund der zwischenzeitlichen Nutzungs- und Abnutzungsdauer kein Zweifel mehr.
Der BGH hat in diesen Entscheidungen vom Juli 2020 zunächst nochmals bestätigt, dass an die Stelle unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln die gesetzliche Erhaltungspflicht des Vermieters tritt. Im zweiten Schritt hatte der BGH nun darüber zu befinden, in welchem Umfang der Vermieter diese gesetzliche Erhaltungspflicht zu erfüllen habe, wurden die Wohnungen zu Beginn des Mietverhältnisses doch im unrenovierten Zustand übergeben. Würde man dem Vermieter eine uneingeschränkte Renovierungspflicht auferlegen, so erhielte der Mieter nämlich einen besseren Zustand als zu Beginn des Mietverhältnisses vertragsgemäß, eben unrenoviert, geschuldet. Diese Überlegung hat den BGH schließlich dazu bewogen, den Mieter nach Treu und Glauben dazu zu verpflichten, sich an den Kosten notwendiger Schönheitsreparaturen regelmäßig zur Hälfte zu beteiligen. In weiterer Konsequenz zu dieser Betrachtungsweise könne der Vermieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen auch solange verweigern, wie der Mieter seine hälftige Kostenbeteiligung nicht erbringt. Verlange der Mieter hingegen nach eingetretenem Verzug des Vermieters einen Kostenvorschuss zur Durchführung der Arbeiten, so muss er von diesem Kostenvorschuss seine Eigenbeteiligung abziehen.
Mit diesen Entscheidungen hat der BGH einen juristisch logischen und daher auch unvermeidbaren Weg beschritten. So konnte kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass in den Fällen einer unwirksamen Vereinbarung von Schönheitsreparaturklauseln der Vermieter weiterhin in der gesetzlichen Gebrauchserhaltungspflicht steht. Die vorliegenden Entscheidungen stehen aber auch erkennbar in dem Bemühen des BGH, die sich für die Vermieter ergebenden wirtschaftlichen Konsequenzen abzumildern. Da das gesetzliche Mietrecht hierzu keine wirkliche Hilfe bietet, musste der BGH auf den allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben als ultima ratio zurückgreifen. Ob dies allerdings eine wirkliche Hilfe für Vermieter darstellt, muss angezweifelt werden. Auch eine hälftige Kostenbelastung bleibt eine Kostenbelastung.
Die vorliegenden Entscheidungen sind nochmals Appell an alle Vermieter, bei dem Abschluss von neuen Mietverträgen insbesondere auf die Wirksamkeit vertraglich vereinbarter Schönheitsreparaturklauseln zu achten. Leider wird noch allzu oft auf veraltete Vertragsformulare zurückgegriffen, welche dann der unnachgiebigen Rechtsprechung des BGH zum Opfer fallen.
RA Dr. Gerald Kallenborn, Saarbrücken
FA für Miet-/WEG-Recht und FA für Baurecht
Verbandsjurist IVD West
