Nach Erhebungen des IVD West sind die Kölner Wohnungsmieten in 2021 weniger schnell gestiegen als in den Vorjahren. Im Neubau lagen die Steigerungsraten bei durchschnittlich sechs Prozent, die Mieten in Bestandswohnungen verteuerten sich um lediglich 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Unter Berücksichtigung der geringen Leerstandsquote von weniger als einem Prozent behält jedoch die Analyse Gültigkeit, dass in einem engen Markt vor allem bezahlbarer Wohnraum fehlt.
Bei Nettokaltmieten im Bestand zwischen neun und fünfzehn Euro, wie sie der NRW-Immobilienpreisspiegel 2021 für Köln ausweist, geraten gerade Bezieher geringer Einkommen immer stärker unter Druck. Da scheint der aktuelle Vorschlag von Bundesbauministerin Klara Geywitz zur Umnutzung leerstehender Gewerbeimmobilien in Wohnungen gerade recht zu kommen. „Denn mangels verfügbarer Flächen im Kölner Stadtgebiet wird das Problem nur durch Neubau kurzfristig sicher nicht zufriedenstellend zu lösen sein“, konstatiert Julia Braschoß, Stellv. Vorsitzende des Immobilienverbands IVD West und Immobilienunternehmerin in Köln. Andere, kreative Ansätze zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum seien gefragt.
Unter den im Berufsverband IVD organisierten Maklern und Verwaltern sieht man in den Leerständen von Gewerbeflächen, die während der Pandemie noch einmal zugenommen haben, grundsätzlich kein vorübergehendes Phänomen. Vielmehr führten langfristige Entwicklungen wie der demografische Wandel, die Digitalisierung und das veränderte Konsumverhalten dazu, dass der Einzelhandel zunehmend unter Druck geraten ist und viele Ladenlokale aufgegeben werden. Julia Braschoß: „Auch in Köln stehen derzeit vor allem in den Nebenlagen zahlreiche Geschäfte leer. Einige Flächen sind hinsichtlich ihrer Statik, Belichtung und Lage sicherlich gut geeignet, in bezahlbaren innenstadtnahen und barrierearmen Wohnraum umgewandelt zu werden. Daher begrüße ich den Vorschlag der Ministerin. Wichtig ist dabei nur, dass pragmatische Lösungsansätze gefunden werden.“
Die Immobilienexpertin erläutert aber auch, dass derzeit dem Umnutzungspotenzial häufig noch das Bauordnungsrecht entgegenstehe. Darin sind hohe Neubaustandards auch für die Umnutzung vorgegeben. Daher schlägt der IVD vor, eine so genannte Experimentierklausel einzuführen. Mithilfe einer solchen im Bauordnungsrecht verankerten Klausel könnten zugunsten von Wohnraum Ausnahmen geschaffen, die Umnutzung vereinfacht, Verfahren beschleunigt und eine eventuelle Rückumwandlung ermöglicht werden. „Neben der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum in meist zentraler Lage würde so ein Beitrag geleistet werden zur zukunftssicheren Umgestaltung unserer Innenstädte“, lautet das Fazit von Julia Braschoß.